Montag, 30. Oktober 2017

Jo Nesbø - Durst

Anlässlich des 10. Braunschweiger Krimifestivals habe ich die Lesung von Jo Nesbø im C1 Cinema besucht. Hier hat er sein neues Buch Durst vorgestellt. An seiner Seite: Margarete von Schwarzkopf und Oliver Mommsen.

Cornelia Fett

Doch zunächst ein kurzer Rückblick:
Am 2. November 2008 war Jo Nesbø bereits beim Braunschweiger Krimifestival dabei und hat dort seinen Krimi Schneemann präsentiert. - Mit genau diesem Buch ist er nun in den deutschen Kinos! - Vielleicht ein toller Einstieg, den Ermittler Harry Hole, in dem es in bereits elf seiner Bücher geht, kennen zu lernen. - Jedenfalls für diejenigen, die noch keinen Harry Hole-Krimi von Jo Nesbø gelesen haben. Schneemann ist der siebte Harry Hole Fall.
Auch 2008 hat Oliver Mommsen den deutschen Part der Lesung übernommen und Margarete von Schwarzkopf die Moderation.

Mit Jo Nesbø
Foto: Cornelia Fett

Begonnen hat alles auf einem Flug nach Australien. Jo Nesbø war Börsenmakler in Norwegen und stand - mit Anfang 30 - zusätzlich fast jeden zweiten Abend mit seiner Folkrock-Band auf der Bühne. Doch irgendwann wollte er dieses "Leben auf der Überholspur" nicht mehr weiterführen und nahm sich ein halbes Jahr Auszeit durch unbezahlten Urlaub. In dieser Zeit wollte er ein Buch über sein Leben mit der Band "Di Derre" (zu deutsch: "Die da") schreiben. Doch auf seinem Flug nach Down Under kam ihm die Idee einen Krimi zu schreiben. Einen Krimi über einen Ermittler, der keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen Regeln und Gesetze macht und stets auf der Suche nach Gerechtigkeit ist: Harry Hole. Und so entwickelte er diesen sympathischen Kommissar, der in seinen Grundzügen ein wenig an Batman - den Fledermausmann - erinnert. Auch Harry Hole wurde verletzt, Rache und Gerechtigkeit werden bei ihm groß geschrieben. Und so heißt der erste Harry Hole Fall passenderweise Der Fledermausmann.

Glücklicherweise ist Oslo - so sagt der Autor - 90 % friedlich und lediglich 10 % Gotham City. - Bei dieser Gelegenheit erinnert Jo Nesbø an das schlimme Norwegen Massaker vor einigen Jahren. Am 22. Juli 2011 hatte Anders Behring Breivik vor dem Bürogebäude des Ministerpräsidenten in Oslo eine Autobombe gezündet und setzte anschließend mit dem Boot auf die Insel Utøya über und tötete dort 67 Menschen durch Schüsse. Weitere acht Opfer kamen durch den Bombenanschlag ums Leben, eine Person auf der Insel starb durch einen Sturz vom Felsen, eine weitere Person ertrank auf der Flucht. Dieser Anschlag zeigt, dass "der Feind auch im Inneren lauert" und nicht nur von außen hinein kommt. 

Tisch der Buchhandlung Graff
Foto: Cornelia Fett

Wie aber kam Jo Nesbø zu seiner Idee für seinen neuesten Harry Hole Fall? 

Jo Nesbø lebt in Oslo und hat von seiner wunderschönen Wohnung aus einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Er hat eine Kaffeemaschine, einen großen Monitor und seine Musik! - Und dennoch ist es der einzige Ort auf der Welt, an dem er nicht schreiben kann! 
Stattdessen bevorzugt er es, in einem nahen Café an seinem Lieblingsplatz seinen Laptop aufzustellen, die Kopfhörer einzustöpseln und seine Musik zu hören. - Sollte sein Lieblingsplatz mal besetzt sein, so setzt er sich gut sichtbar hin und schaut diese Person die ganze Zeit über an, bis diese den Tisch verlässt und Jo Nesbø an seinem Lieblingstisch Platz nehmen kann. - 
Irgendwann im Laufe der Zeit, an dem er an seinem Tisch sitzt und Musik hört, gewinnen die Gespräche an den Nebentischen sein bevorzugtes Interesse und er macht die Musik immer leiser und lauscht den Stimmen. An den Nachbartischen sitzen oft Pärchen - oder zumindest Menschen, die auf der Suche nach einem Partner, Flirt oder mehr sind. Viele lernen sich über die Dating App Tinder kennen und verabreden sich zum ersten Mal in diesem Café. 
Viele sind anfangs sehr schüchtern und unterhalten sich - gefühlt stundenlang - über beispielsweise Gartenarbeit. Andere wieder sind schonungslos offen und reden gleich darüber, welche Art von Sex sie bevorzugen. 

Da war sein Interesse für die Dating App geboren. Doch selbst anmelden wollte Jo Nesbø sich dort nicht. Zu Recherchezwecken hat seine Bekannte sich dort angemeldet und er durfte ihr "Flügelmann" sein. So stürzten sie sich sozusagen in den "War of Love" - den Krieg der Liebe. 

Margarete von Schwarzkopf, Jo Nesbø und Oliver Mommsen im Gespräch
Foto: Cornelia Fett

Doch wodurch kommen die Opfer um in dem neuen Buch Durst? - Hier geht es um Vampirismus. Ein wenig verbreitetes Thema, da diese Fälle häufig mit Schizophrenie oder möglichen anderen Psychosen einhergehend abgehandelt werden. Bezeichnet wird diese Krankheit manchmal als Renfield Syndrom - nach einer Person in Bram Stokers Dracula. Auch wenn dieser sich an dem Genuss tierischen Blutes durch das Essen von Insekten labte. 

Beim Vampirismus geht es darum, seinen Durst durch Blut zu stillen, vielleicht auch die Intimität, jemanden in sich aufzunehmen und auch sich mittels des Blutes des anderen zu schützen sowie dessen Kraft aufzunehmen. 

Jo Nesbø warnt jedoch zur Vorsicht: Blut ist sehr eisenhaltig und kann bei übermäßigem Genuss die Leber schädigen! 

Der bekannteste Fall von Vampirismus ist sicherlich die brutale Serie an Morden und Mordversuchen des Peter Kürten. Er galt als der "Vampir von Düsseldorf". Peter Kürten starb am 2. Juli 1931 in Köln. - Aber seine Geschichte lebt weiter. So z.B. in Stephen Kings "Brennen muss Salem" oder auch in John Katzenbachs "Das Rätsel". 

Wer, wenn nicht Harry Hole, könnte also einen solchen Serienmörder stellen?
Sicher, Harry Hole ist in die Jahre gekommen. Er hat seinen Job als Kommissar "an den Nagel gehängt" und ist nunmehr als Dozent tätig. Er ist nicht nur älter geworden, sondern auch verletzlich. Harry Hole ist glücklich verheiratet und verbringt viel Zeit mit seinem Stiefsohn. Durch diese Beziehungen ist er verletzbar. - Leider ist Harry Hole aufgrund seiner Vergangenheit auch erpressbar. Und, da er noch dazu der einzige zu sein scheint, der den Mörder aufhalten und stellen kann, übernimmt er einen weiteren Fall.

Viel Spaß bei der Lektüre des elften Falls für Harry Hole!

Mit Oliver Mommsen
Foto: Cornelia Fett

Eins noch: Es wird einen weiteren Fall für Harry Hole geben!
Jo Nesbø arbeitet gerade an zwei neuen Werken: Im nächsten Jahr erscheint zunächst Macbeth, ein Thema, dass er sich aus Shakespeare ausgesucht hat. Und deshalb wird leider erst 2019, spätestens aber 2020 der neue Harry Hole Krimi erscheinen.

Jo Nesbø erschien extra eine Stunde vor der Lesung, um alle Signaturwünsche erfüllen zu können
Foto: Cornelia Fett


Quellennachweis:
Literatur Niedersachsen - Lesung Schneemann
Anschlag in Norwegen 2011
Renfield-Syndrom
Peter Kürten


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